Lerninseln

1. Merkmale der Lerninseln

Lerninseln sind eine arbeitsplatznahe Qualifizierungs- und Lernmethode, bei der Arbeiten und Lernen miteinander verbunden sind. Der Lernort ist zugleich der Arbeitsplatz. Die Aufgaben, die der Auszubildende zu bewältigen hat, stehen mit dem tatsächlichen Arbeitsprozess in einem unmittelbaren Zusammenhang und stellen keine nachgebildeten Lernsituationen dar. So kann es sich bei Lerninseln z.B. um Unterabteilungen von Produktionsabteilungen handeln, in denen Auszubildende Teilprodukte herstellen. Die Arbeitssituation ist real mit allen sich zeigenden Problemen. Dies bedeutet auch, dass der Auszubildende mit unvorsehbaren Situationen konfrontiert wird, wie sie sich typischerweise in der Praxis ergeben. Lerninseln haben somit keinen Sonderstatus im Arbeitsprozess. Es wird die gleiche Arbeitsleistung gefordert. Für die Durchführung der einzelnen Arbeitsschritte steht den Auszubildenden allerdings mehr Zeit zur Verfügung. Damit ergibt sich die Möglichkeit, dass die Auszubildenden über das Erlernen des Produktionsablaufs hinaus mit dem Gesamtarbeitsprozess des Unternehmens vertraut werden. Ein weiteres zentrales Merkmal der Lerninseln ist die Aufgabenintegration. In diesem Sinne wird die klassische Arbeitsteilung überwunden und planende, steuernde, kontrollierende und produzierende Funktionen miteinander verbunden.

Die konkreten Arbeitsaufgaben der Lerninseln werden in Gruppen- oder Teamarbeit durchgeführt. Hierdurch werden auch soziale Kompetenzen erworben. Die Gruppen oder Teams werden aus Auszubildenden verschiedener Berufsgruppen gebildet, die jeweils unterschiedliche Kenntnisse und Fähigkeiten in den Lernprozess einbringen.

Entscheidend ist darüber hinaus, dass die Tätigkeiten selbständig erarbeitet werden. Der Prozess wird zwar von einer arbeits- und berufspädagogisch qualifizierten Fachkraft begleitet. Dieser sogenannte „Lerninselfachausbilder“ übernimmt aber in erster Linie eine moderierende Funktion, indem er die Gruppe zum selbständigen Lernen motiviert. Die Auszubildenden sollen möglichst eigenständig Problemlösungen entwickeln.

Ergänzend zur Arbeitsinfrastruktur (Maschinen, Werkzeuge usw.) enthalten Lerninseln eine zusätzliche Lerninfrastruktur (Besprechungsräume, Schreibmaterialien usw.). Der Auszubildende soll zusätzlich zur Kenntnis des Produktionsprozesses Einblicke in den Arbeitsauftrag, in die sozialen Prozesse und die Bedingungen des Arbeitsumfelds erhalten. Im Sinne der angestrebten Ganzheitlichkeit soll der Auszubildende mit den Hintergründen und Rahmenbedingungen des Produktionsablaufs vertraut werden.

Merkmale von "Lerninseln" Lernort:

- Verbindung von Produktion-integrierter Arbeit und Lernen
- Reale Arbeitsaufgabe am Lernumfeld orientiert
- Aufgabenintegration (Planung, Steuerung, Kontrolle, Produktion)
- Gruppen- oder Teamarbeit (Lernen sozialer Kompetenz)
- Zusammensetzung der Gruppen/Teams aus verschiedenen Berufsgruppen
- Selbstständiges problemlösendes Lernen
- Begleitung durch eine qualifizierte Fachkraft ("Lerninselfachausbilder")
- Ergänzende Lerninfrastruktur (Räumlichkeiten, Medien, Materialien)
- Kontinuierliche Verbesserung des Arbeits- und Lernprozesses über Supervision

Lerninseln stellen eine innovationsfördernde Lernmethode dar. Es können Veränderungen im Produktionsablauf erprobt und gegebenenfalls in den „normalen“ Arbeitsprozess eingespeist werden. Über Supervisionen wird versucht, den Arbeits- und Lernprozess kontinuierlich zu verbessern. So unterstützten sich Arbeiten und Lernen wechselseitig.

2. Lerninsel - Modelle

Lerninseln stellen eine innovationsfördernde Lernmethode dar. Es können Veränderungen im Produktionsablauf erprobt und gegebenenfalls in den „normalen“ Arbeitsprozess eingespeist werden. Über Supervisionen wird versucht, den Arbeits- und Lernprozess kontinuierlich zu verbessern. So unterstützten sich Arbeiten und Lernen wechselseitig.

3. Verfahrensschritte der Einrichtung von Lerninseln

Bei der Einrichtung von Lerninseln sollte am Anfang eine Arbeitsprozessanalyse stehen, um die Qualifikationsanforderungen und die organisatorischen Bedingungen zur Durchführung von Arbeitsaufgaben zu ermitteln. Daran schließt sich die Auswahl des Lernorts Lerninsel an, wobei die analysierten Organisations- und Qualifikationsvoraussetzungen zu beachten sind. Im nächsten Schritt werden die Maschinen und Anlagen ausgewählt, sowie der „Lerninselfachausbilder“ bestimmt und qualifiziert. Dieser sollte vor allem auch über hohe arbeits- und berufspädagogische Kompetenzen verfügen. Des Weiteren werden die Lernziele und die Qualifikationsvoraussetzungen der Auszubildenden festgelegt. Schließlich wird die Gruppenarbeit geplant und das Lerninsel-Modell ausgewählt.

4. Vorteile von Lerninseln

Im Zusammenhang der betrieblichen Umstrukturierung Anfang der 90er Jahre wurden Lerninseln als zukunftsorientierte Lernform in vielen Groß- und Mittelbetrieben eingeführt und haben sich mittlerweile vielfach als erfolgversprechendes Lernmodell durchgesetzt. Vor dem Hintergrund einer zunehmend komplexer werdenden Arbeitswelt, in der sich Arbeitssituationen für Ausbildende immer schwieriger nachbilden lassen und wo es auch darauf ankommt, auf neue Situationen möglichst schnell und sachgerecht zu reagieren, zeigen sich traditionelle Lernmethoden überfordert. Die neuen Anforderungen am Arbeitsplatz, wie z.B. Kreativität, Flexibilität, Qualitätsbewusstsein lassen sich kaum nur durch Lehrgänge abdecken. Auch sind Theorie und Praxis mittlerweile derart aufeinander bezogen, dass es nicht sinnvoll ist, beide im Lernprozess zu trennen.

• Lerninseln bieten als ein ganzheitlich orientiertes Konzept die Möglichkeit, verschiedene Kompetenzformen (Fach-, Methoden-, Sozialkompetenz) gleichzeitig in konkreten Situationen zu erlernen. Insbesondere spielt dabei auch das Erwerben sozialer Kompetenzen eine zentrale Rolle. Das Lernen in Gruppen stellt ein ideale Vorbereitung für die zunehmend an Bedeutung gewinnende Gruppen- und Teamarbeit dar, welche die klassische arbeitsteilige Produktionsweise abzulösen beginnt.

• Der Praxisbezug ist bei den Lerninseln von Beginn an gesichert und das erlernte Wissen besitzt eine hohe spätere Verwendbarkeit. Da die Lerninhalte nicht theoretisch vermittelt, sondern praktisch erlebt werden, wird die Lernbereitschaft und Lernfähigkeit der Auszubildenden in Lerninseln deutlich verbessert und das Nachdenken über das eigene und Gruppenhandeln angeregt. Aufgrund der aktiven und selbständigen Arbeitsgestaltung wird darüber hinaus auch das Verantwortungsgefühl und das Bewusstsein für Qualität und Qualitätssicherung deutlich gestärkt.

• Die Lerninseln orientieren sich zwar inhaltlich am „realen“ Produktionsablauf, die einzelnen Schritte werden aber langsamer durchgeführt. Damit bieten die Lerninseln genügend Zeit, um Lerngegenstände zu vertiefen und über den eigentlichen Produktionsverlauf hinausgehendes Wissen zum Gesamtarbeitsprozess des Unternehmens zu vermitteln.


 

 

Gepr. Berufspädagoge, Aus- u. Weiterbildungspädagoge, Ausbildung der Ausbilder IHK