Begleitendes Fachgespräch – erweitertes Fachgespräch

1. Bestimmung

Das begleitende Fachgespräch ist als Prüfungsbestandteil sowohl bei der Prüfungsvariante Betrieblicher Auftrag als auch bei der Prüfungsvariante modellhafte praktische Aufgabe der Abschlussprüfung Teil 2 der gestreckten Prüfung vorgesehen. Beim Betrieblichen Auftrag geht nur das begleitende Fachgespräch in die Bewertung ein, bei der Prüfungsvariante modellhafte praktische Aufgabe werden sowohl das 20-minütige Fachbzw. Übergangsgespräch als auch die Durchführung der praktischen Aufgabe beurteilt.

Thema des Fachgesprächs sind fachliche Fragen, Arbeitsaufgaben, betriebliche Prozesse oder Arbeitsplanungen. Das Fachgespräch ist zumeist praxisbezogen und handlungsfeldorientiert. Prüfer und Prüfungsteilnehmer haben bei dieser Form der mündlichen Prüfung einen gleichwertigen Gesprächsanteil. Ziel ist es, dem Prüfungsteilnehmer genügend Raum für die selbständige Entwicklung von Problemlösungen zu geben und die Einbringung seiner eigenen betrieblichen Erfahrungen zu gewährleisten.

Die Hauptfunktion des Fachgesprächs liegt in der Erfassung der fachlichen Kompetenz des Prüfungsteilnehmers. Hierzu bietet das Fachgespräch eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten.

Das Besondere des Fachgesprächs stellt die Konzentration auf die Bewertung fachlicher Kompetenzen dar. Dementsprechend treten andere Qualifikationsmerkmale wie Kommunikationsfähig und Sozialkompetenz normalerweise in den Hintergrund bzw. sollen ausdrücklich nicht in die Beurteilung einbezogen werden. Der Prüfer hat deshalb mit zu reflektieren, inwieweit seine Bewertung des Fachgesprächs tatsächlich an den fachlichen Leistungen des Prüfungsteilnehmers orientiert und nicht von außerfachlichen Aspekten wie z.B. dem Auftreten und der sprachlichen Gewandtheit des Prüfungsteilnehmers mitbestimmt ist.

Gestaltungsmöglichkeiten des Fachgesprächs

   - Möglichkeit der Überbrückung von Wissenslücken
   - Unterstützung bei der Aufhebung von Denkblockaden
   - Hilfestellung zur Vermeidung falscher Entwicklungen bei der Lösungsfindung
   - Gesprächslenkung auf fachliche Probleme durch gezieltes Nachfragen
   - Herstellung eines Überblicks und Verständnisgewinnung für fachliche Probleme
   - Schwierigkeit der Fragen können dem Leistungsniveau angepasst werden
   - Einbringung der eigenen betrieb. Erfahrungen des Prüfungsteilnehmers
   - Praxisübliche Unterlagen können verwendet werden
   - Möglichkeit der offenen und komplexen Aufgabenstellung

2. Einsatz und Durchführung des Fachgesprächs

Das Fachgespräch ist als Prüfungsmethode insbesondere in den Berufen geeignet, wo komplexe berufliche Sachverhalte in mündlicher Form erläutert und diskutiert werden müssen. Dies ist z.B. bei kaufmännischen und bei IT-Berufen der Fall, die hohe kommunikative Anforderungen an die Auszubildenden stellen.

Im Unterschied zur mündlichen Wissensabfrage, die den Prüfungsteilnehmer mit spontanen Fragen des Prüfers konfrontiert, wird dem Prüfungsteilnehmer im Fachgespräch eine Aufgabe mit einem bestimmten Zeitrahmen vorgeben. Häufig ist dem Fachgespräch auch eine Präsentation vorgeschaltet.

Beim Fachgespräch kommt es darauf an, die „Mitte“ zwischen einem bloßen Aneinanderreihen vorgefertigter Fragen und einem Gespräch ohne jegliche Strukturierung zu finden.

Zu enge Fragen, die nur eine einzige richtige Antwort zu lassen, sollten vermieden werden. Ein Fachgespräch stellt keine reine Wissensprüfung dar. Bei der Durchführung des Fachgesprächs sollte darüber hinaus auf eine gute Gesprächsatmosphäre geachtet werden, da diese dem Prüfungsteilnehmer Prüfungsängste nehmen und ihm die Bewältigung der gestellten Aufgabe erleichtern kann. Hierzu können vom Prüfer eine Vielzahl von Techniken eingesetzt werden.

 Möglichkeiten zur Schaffung einer positiven Prüfungssituation

   - Bestätigung der Richtigkeit der Antworten des Prüfungsteilnehmers
   - Bezugnahme auf eigene betriebliche Erfahrungen
   - Auflockernde Bemerkungen und eher leichtere Fragen in der Anfangsphase
   - Ausstrahlung einer wohlwollenden und unterstützenden Einstellung
   - Vermeidung von Belehrungen oder längeren Gesprächsphasen
   - Bei erkennbaren Wissenslücken Antworten nicht erzwingen
   - Dem Prüfungsteilnehmer genügend Zeit zur Verfügung stellen

3. Bewertung des Fachgesprächs

Bei mündlichen Prüfungen ist die Objektivität der Leistungsbewertung generell problematisch. Dies gilt dementsprechend auch für das Fachgespräch. Um die Beurteilung der gezeigten Leistung dennoch in einem gewissen Rahmen zu gewährleisten, ist es von Vorteil, vorab einen Bewertungskatalog zu erstellen, der die verschiedenen Bewertungsgegenstände wie fachliche Richtigkeit, Vollständigkeit, systematische Vorgehensweise, Verwendung kreativer Lösungsansätze enthält. Dabei sollten die Bewertungskriterien möglichst eindeutig definiert sein. Am Ende des Fachgesprächs sollte keine Globalbeurteilung stehen, sondern eine differenzierte Beschreibung der gezeigten Leistungen. Das Fachgespräch erlaubt so Aussagen über die Fachkompetenz der Prüfungsteilnehmer. Rückschlüsse auf das tatsächliche Verhalten oder die Qualität der Auftragserledigung sind jedoch nur eingeschränkt möglich.

4. Erweitertes Fachgespräch:

Der Unterschied zwischen einem Fachgespräch und einem erweiterten Fachgespräch liegt darin, dass ein erweitertes Fachgespräch über das gesamte zu prüfende Themengebiet geführt werden kann. D.h. nach einer Präsentation können bei einem erweiterten Fachgespräch auch Themengebiete angesprochen werden, die in keinem Zusammenhang mit der Präsentation stehen, aber zum Themengebiet der Prüfung gehören.


 

 

Gepr. Berufspädagoge, Aus- u. Weiterbildungspädagoge, Ausbildung der Ausbilder IHK