Ausbildungsverbund

1. Merkmale und Formen des Ausbildungsverbunds

Die Berufsausbildung in Deutschland erfolgt nach dem sogenannten dualen System, an dem die beiden Lernorte Betrieb und Schule beteiligt sind. Kann ein Betrieb keine Vollausbildung gewährleisten, so hat er die Möglichkeit der ergänzenden überbetrieblichen Ausbildung im Sinne eines Ausbildungsverbunds. Im Ausbildungsverbund wirken mehrere Betriebe bei der Ausbildung zusammen. Die jeweils Auszubildenden wechseln dabei zwischen den Ausbildungsstätten der beteiligten Betriebe hin und her. Die zwischenbetriebliche Kooperation ist gesetzlich vorgesehen und erwünscht. Voraussetzung ist jedoch, dass nach den Kriterien des Berufsbildungsgesetzes jeder am Verbund beteiligte Betrieb für den jeweils von ihm verantworteten Ausbildungsteil einen geprüften Ausbilder besitzt. Die weitere Gestaltung des Ausbildungsverbundes ist freigestellt und lässt verschiedene Modelle zu.

Beim Leitbetrieb mit Partnerbetrieben übernimmt ein Betrieb die Verantwortung für die Planung und Durchführung der gesamten Ausbildung. Auch stellt nur der Leitbetrieb die Ausbildenden ein und schließt mit ihnen die Ausbildungsverträge ab. Für einzelne Ausbildungsabschnitte werden die Auszubildenden phasenweise an die Partnerbetriebe entsendet. In einem sogenannten Kooperationsvertrag werden die Zuständigkeiten und Aufgaben zwischen dem Leitbetrieb und den Partnerbetrieben festgelegt.

Beim Ausbildungskonsortium, das zumeist aus kleineren und mittleren Betrieben gebildet wird, stellen mehrere Betriebe Auszubildende ein und tauschen diese phasenweise aus. Ein Betrieb ist damit zugleich Leitbetrieb für die von ihm eingestellten Auszubildenden als auch Partnerbetrieb für die Auszubildenden der anderen Betriebe. Auch hier wird die Zusammenarbeit zwischen den Betrieben über Kooperationsverträge geregelt.

Eine weitere Form des Ausbildungsverbunds stellt der Ausbildungsverein dar. Hierbei schließen sich mehrere Betriebe auf vereinsrechtlicher Grundlage zusammen. Der Verein ist dann für die Ausbildung verantwortlich und Vertragspartner des Auszubildenden. Die Betriebe als Mitglieder des Vereins werden auf der Basis einer Vereinssatzung zur Teilausbildung verpflichtet. Die Auszubildenden werden auch hier wie beim Ausbildungskonsortium phasenweise auf die einzelnen Betriebe verteilt.

Schließlich kann die Ausbildungskooperation zwischen Betrieben als Auftragsausbildung erfolgen. Bei der aktiven Auftragsausbildung vergibt der Betrieb, der mit dem Ausbildenden den Ausbildungsvertrag abgeschlossen hat, einzelne Ausbildungsabschnitte an externe Betriebe oder andere Ausbildungsträger, d.h. es werden externe Ausbildungsleistungen eingekauft. Umgekehrt übernimmt bei der passiven Auftragsausbildung ein Betrieb gegen Kostenerstattung Teile der Ausbildung von externen Auszubildenden. Dies ist z.B. dann sinnvoll, wenn die vorhandenen Ausbildungskapazitäten nicht von den eigenen Auszubildenden ausgelastet werden.

2. Vorteile des Ausbildungsverbunds

Die Ausbildung in einem Ausbildungsverbund bietet Vorteile sowohl für die daran beteiligten Unternehmen als auch für die Auszubildenden. Insbesondere ist hervorzuheben, dass über den Ausbildungsverbund neue Ausbildungsplätze geschaffen werden können. Unternehmen, die nicht über die Möglichkeit verfügen, alle nach der Ausbildungsordnung verlangten Kenntnisse zu vermitteln, werden im Ausbildungsverbund ausbildungsfähig. Auch können Betriebe, die bislang nicht ausgebildet haben, vom Know how des Ausbildungsverbunds profitieren und bei der Einrichtung von betrieblichen Ausbildungsplätzen sowie der Beantragung der Ausbildungseignung und der Erschließung von Fördermöglichkeiten unterstützt werden. Insgesamt sind Synergieeffekte zu erwarten, wenn Betriebe mit unterschiedlichen Kompetenzen zusammenarbeiten. Einerseits können Betriebe so voneinander lernen, andererseits kann die Ausbildungskooperation im Verbund zu weiterer zwischenbetrieblicher Zusammenarbeit motivieren. Des Weiteren ergibt sich die Möglichkeit Organisations- und Verwaltungsaufgaben zu verteilen, wodurch auch die Ausbildungskosten gesenkt werden können.

Die Qualität der Ausbildung gewinnt über die Verteilung auf mehrere Betriebe insofern, als den Auszubildenden vor allem ein größeres Spektrum an Spezialkenntnissen vermittelt werden kann. So wird gewährleistet, dass die Auszubildenden eine moderne, zeitgemäße Ausbildung auf dem neuesten technischen Stand erhalten. Neben der Verbesserung der fachlichen Kenntnisse ist die Ausbildung im Verbund - da man sich in unterschiedlichen betrieblichen Kontexten bewähren muss - auch für das Erlernen von Schlüssel-qualifikation wie Selbstständigkeit, Flexibilität und soziale Kompetenz prädestiniert. Die Ausbildung in mehreren Betrieben erweitert die berufliche Handlungsfähigkeit der Auszubildenden und erhöht ihre Chancen, nach der Ausbildung einen Arbeitsplatz zu finden bzw. von einem der beteiligten Betriebe übernommen zu werden.

3. Maßnahmen zur Bildung eines Ausbildungsverbunds

Trotz der Vorteile, die eine Ausbildung im Verbund bietet, finden sich etwa erst 2 % bis 3 % aller Ausbildungsplätze in Verbünden. Dies hat wohl auch damit zu tun, dass die Gründung eines Verbunds zunächst mit einem erhöhten Aufwand verbunden ist. So müssen geeignete Kooperationspartner gefunden und ein detaillierter Kooperationsvertrag ausgearbeitet werden. Betriebe fürchten auch um die Weitergabe von betriebsinternen Informationen. Außerdem kann eine Konkurrenzsituation bei der Übernahme der Auszubildenden zwischen den Betrieben entstehen. Der Erfolg eines Ausbildungsverbunds hängt vor allem von einer frühzeitigen systematischen Planung und der Festlegung auf klare Vereinbarungen zwischen den Kooperationspartnern ab.

Insbesondere gilt es den Ausbildungsrahmenplan im Hinblick auf extern zu vermittelnde Inhalte zu überprüfen und das eigene Ausbildungsangebot für und die Anforderungen an die Kooperationspartner festzulegen. Darüber hinaus sollte ein fester Ansprechpartner für die Kooperationspartner benannt werden, der auch die Aufgabe der Koordination übernimmt. Die externen Ausbildungsinhalte, Zeitintervalle und Lernorte sollten auch Bestandteil des Ausbildungsvertrags mit dem Auszubildenden sein.


 

 

Gepr. Berufspädagoge, Aus- u. Weiterbildungspädagoge, Ausbildung der Ausbilder IHK