Situationsaufgaben

1. Bestimmung

Der Terminus „Situationsaufgabe“ wird in der Literatur nicht eindeutig verwendet. So kann eine Situationsaufgabe eine aus mehreren Teilen bestehende Aufgabe sein, die einen Situationsteil enthält. Der Begriff kann aber auch eine integrierte Situationsaufgabe bezeichnen, die sich über mehrere Prüfungsteile erstreckt und sowohl schriftliche als auch mündliche Teile enthält. Teilweise wird statt von Situationsaufgaben auch von Aufgaben mit Projektbezug, Kreativaufgaben oder Aufgaben mit einer thematischen Klammer gesprochen.

Das gemeinsame Merkmal der verschiedenen Bestimmungen ist jedoch, dass ähnlich wie bei den integrierten Prüfungen das Erfassen von beruflicher Handlungskompetenz im Zentrum der Situationsaufgaben steht.11 Die Situationsaufgaben sind dementsprechend handlungsorientierte zumeist schriftliche Aufgaben, die einen konkreten beruflichen Arbeitsablauf rekonstruieren. In den Situationsaufgaben werden einzelne Schritte der beruflichen Tätigkeit simuliert und beschrieben oder aber durch Wissensfragen abgedeckt. Dabei ist zu beachten, dass die Situationsaufgaben die Anforderungen der künftigen beruflichen Tätigkeit antizipierend und exemplarisch berücksichtigen. Die Situationsaufgaben bestehen häufig aus einzelnen Aufgabenblöcken, wobei die einzelnen Aufgaben in einem logischen Zusammenhang stehen. Dadurch ist es möglich, auch komplexere und prozessorientierte Aufgabenstellungen in die Prüfung einzubauen, ohne den jeweiligen Einarbeitungsaufwand im Verhältnis zur Bearbeitungszeit wesentlich zu erhöhen.

Konkrete berufliche Handlungssituation:

Prüfungsaufgabe 1
Prüfungsaufgabe 2
Prüfungsaufgabe 3
Prüfungsaufgabe 4

2. Die verschiedenen Schwierigkeitsgrade und Situationsmerkmale der Situationsaufgaben

Die Situationsaufgaben leiten sich von konkreten beruflichen Handlungssituationen abund stellen Problemlösungsaufgaben dar. Jede Situationsaufgabe enthält eine problemhaltige Situation, die verschiedene Schwierigkeitsgrade aufweisen kann: Die beruflicheHandlungssituation, auf die sich die Situationsaufgabe bezieht, kann so im Sinne einer einfachen Standardsituation eine routinierte und alltäglich zu erbringende Leistung beinhalten. Es kann sich aber auch um eine unvertraute Situation handeln, die nicht täglich vorkommt, aber über eine Transferleistungen aus anderen Wissensbereichen auf die vorliegende Situation gelöst werden kann. Situationen können aber auch dergestalt sein, dass sie verschiedene Perspektiven beinhalten, zwischen denen eine Abwägung vorgenommen werden muss.

Die Situationsaufgaben sind dementsprechend komplex, insbesondere wenn sie mehrere alternative Lösungswege zulassen sollen. Die Komplexität bezeichnet dabei das Vorhandensein von mehreren voneinander unabhängigen Situationsmerkmalen. Dabei ist nicht nur die Anzahl der Merkmale relevant, sondern auch im Sinne einer Vernetztheit ihre Beziehungen untereinander. Weiterhin verändern sich die Merkmale in der Zeit und sind somit als dynamisch aufzufassen. Bei der geforderten Problemlösung spielt weiterhin eine Rolle, welche Informationen über eine Situation überhaupt zur Verfügung stehen. Oftmals weist das Wissen über die konkrete Situation Lücken auf. Auch kann die Zielsetzung nicht hinreichend bekannt sein oder es werden Ziele angestrebt, die miteinander in Konflikt stehen - wie z.B. Qualität und Kosten eines Produkts.

„Echte“ Situationsaufgabe

1. Komplexität
2. Vernetzheit
3. Dynamik
4. Intransparenz

3. „Echte“ und „unechte“ Situationsaufgaben

Die Situationsaufgaben können dementsprechend sehr unterschiedlich aufgebaut sein, je nachdem welche Situationsdimension sie stärker berücksichtigen. Dabei wird weiterhin unterschieden, ob die Situationsaufgabe als „echte“ Situationsaufgabe tatsächlich eine hohes Maß an Komplexität aufweist und dem Prüfungsteilnehmer ermöglicht, selbständig zu Lösungen zu gelangen. Je nach Schwierigkeitsgrad der Aufgabenstellung werden dabei unterschiedliche Lösungsstrategien gefordert, die von der Reproduktion des Wissens über seine Reorganisation bis zum Transfer und dem Problemlösen reichen. Im Unterschied zu den „echten“ Situationsaufgaben fehlt den „unechten“ Situationsaufgaben entweder die nötige Komplexität, indem die Situation „zerstückelt“ und der Prüfungsteilnehmer mit kleinschrittigen meist gebundenen Fragen zur Lösung „geführt“ wird oder aber die Situationen sind künstlich konstruiert und dienen lediglich dazu, reine Wissensfragen, die auch ohne Situationsbezug beantwortet werden können, einzuleiten.


 

 

Gepr. Berufspädagoge, Aus- u. Weiterbildungspädagoge, Ausbildung der Ausbilder IHK