Planspiele

1. Die Planspielmethode

Bei einem Planspiel wird einer Gruppe von Mitspielern ein komplexes Problem vorgegeben, das von allen gemeinsam handelnd gelöst werden muss. Die Teilnehmer haben Entscheidungen zu treffen und müssen mit den Konsequenzen dieser Entscheidungen umgehen. Sie werden in eine vorgegebene Situation gestellt und gewissen Handlungszwängen ausgesetzt. Die Verhaltensweisen und Interaktionen der Spieler können dabei von Kooperation über Konkurrenz bis hin zu verdeckten oder offenen Konflikten variieren. Dadurch soll den Teilnehmern zum einen ein besserer Umgang mit komplexen Systemen und Prozessen vermittelt werden und zum anderen soll ihre Teamfähigkeit erweitert werden.

Beispiele:

Unternehmensplanspiele

Ein betriebswirtschaftliches Planspiel ist eine modellhafte Abbildung eines Unternehmens, wobei die Teilnehmer in der Regel die Führung des Unternehmens übernehmen. Sie konkurrieren mit anderen (Planspiel-) Unternehmen um simulierte Märkte. Durch ihre Entscheidungen beeinflussen sie den Erfolg ihres Unternehmens. Dabei lernen sie die Unternehmenszusammenhänge kennen und auch die internen und externen Faktoren, die den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens beeinflussen. Die Planspielteilnehmer erleben dabei die typischen Zielkonflikte in der Unternehmensführung. Sie lernen betriebswirtschaftliche Methoden und Informationsmittel einzusetzen und mit Unsicherheit bei der Entscheidungsfindung umzugehen. Sie lernen Entscheidungen im Team – auch unter Zeitdruck – zu fällen. Das Ziel des Unternehmensplanspiels ist es, die Teilnehmer in die Lage zu versetzen, die erlebten Erfahrungen in ihrer Unternehmenspraxis umzusetzen.

Ökologische Planspiele

Ein Beispiel für ein computerunterstütztes Planspiel ist das Umweltspiel „fish-banks“ von Dennis Meadows. Das zentrale Anliegen dieser Gruppensimulation liegt in der Vermittlung grundsätzlicher Einsichten, die gebraucht werden, um natürliche Ressourcen intensiv zu nutzen, ohne sie langfristig zu verbrauchen oder zu schädigen. Während des Spiels stehen die Kommunikation und Interaktion der Teilnehmer untereinander im Vordergrund und der Computer wird nur vom Spielleiter benutzt. Im Kern geht es bei dem Spiel um die kommerzielle Nutzung von Fischgründen über viele Jahre hinweg (eine Spielrunde entspricht einem Jahr). Die Teilnehmer des Spiels arbeiten in mehrere Fischereiunternehmen zusammengefasst und steuern über die Anzahl der Schiffe und deren Verteilung in den Fanggründen den Fischfang in einem abgeschlossenen Meeresabschnitt. Das vordergründige Spielziel lautet, den Gewinn zu maximieren, wobei offen gelassen wird, ob dieses Ziel im Wettstreit oder in Zusammenarbeit erreicht werden soll. Tatsächlich gelingt es den Spielern nur in den seltensten Fällen eine ökologisch nachhaltige Nutzung durch kooperative Gewinnmaximierung zu erreichen. Durch unverhältnismäßiges Konkurrenzdenken geraten sie stattdessen in der Regel in eine ökologisch-soziale Dilemmasituation und scheitern an ihr. Durch Planspiele dieser Art sollte es möglich werden, das Wesen komplexer dynamischer Systeme besser verstehen zu lernen und den Umgang mit ihnen zu trainieren.

Möbel-Messe München

Dieses Spiel wurde gemeinsam mit Lehrkräften für eine Klasse im Berufsgrund-bildungsjahr (BGJ) im Bereich Holztechnik entwickelt. Im Mittelpunkt der Spielhandlung steht eine Ausstellung für Handwerkskunst. Die Teilnehmer nehmen die Rollen von selbständigen Schreinern ein, die gemeinsam als Gruppe an dieser Ausstellung teilnehmen wollen. Dazu müssen sie eine Reihe von Entscheidungsfindungsprozessen durchlaufen, die ihr Auftreten bei der Messe und das geplante Ausstellungsobjekt betreffen. Ziel des Spiels ist es, zu lernen, einvernehmliche Entscheidungen (Konsens) zu treffen. Es werden hier zum einen Inhalte des Lehrplans vermittelt (z.B. Informationen über verschiedene Holzarten) als auch Entscheidungsfindungsprozesse in Gruppen eingeübt.

2. Charakteristika von Planspielen 

In einigen Planspielen geht es in erster Linie darum, komplexe reale Systeme zu verstehen, bei anderen stehen die soziale Interaktion und die Förderung der Teamkompetenz der Mitspieler im Vordergrund. Oft sind jedoch beide Aspekte enthalten. Das heißt, bei vielen Spielen können die Spieler Einblick in komplexe Systeme erhalten und Wissen darüber erwerben und gleichzeitig auch ihre sozialen Kompetenzen erweitern.

Die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Arten von Planspielen ist nicht absolut eindeutig. Zwischen allen Formen kann es erhebliche Überschneidungen geben. Ein Planspiel kann so konstruiert sein, dass es einen starken Anteil von Elementen des Rollenspiels enthält, und viele Planspiele sind computerunterstützt, ohne dass die Teilnehmer direkt mit dem Computer interagieren.

Die Planspielmethode weist gegenüber anderen Methoden beruflicher Bildung folgende Merkmale auf:

• Bei einem Planspiel wird eine Handlungsumgebung erzeugt und bereitgestellt. Diese Umgebung enthält Handlungsaufforderungen, Handlungsmittel und Handlungsbedingungen.

• Der Spieler wird Teil dieser Umgebung. Er experimentiert mit dem abgebildeten Gesamtprozess und damit auch mit sich selbst. Er soll selbst entscheiden, ob und wie er handelt und sich auch die Ziele selbst setzen.

• Die Auswirkungen der vollzogenen Handlungen werden simuliert und der Handlungserfolg wird rückgekoppelt. Die Rückkopplung generiert neue Planungsanforderungen und die Fortsetzung der Simulation.

• Auf diese Weise lässt sich das Verhalten des abgebildeten sozialen Systems verfolgen. Das System kann so erkannt, erklärt und erfahren werden.

• Gegenstand des Planspiellernens sind Handlungen und ihre Folgen

3. Dimensionen eines Planspiels

Simulation

Jedes Planspiel enthält die Simulation einer realen Situation. So ist zum Beispiel die Simulation eines Unternehmens (Unternehmensplanspiel) sehr verbreitet und wird im deutschsprachigen Raum oft mit dem Begriff des Planspiels selbst gleichgesetzt. Dies ist jedoch eine Einschränkung der Methode auf einen Sonderfall, denn in Wirklichkeit sind den möglichen Themen, Szenarios und Lernzielen kaum Grenzen gesetzt. Häufig sind Spiele, die ökologische Probleme oder interkulturelle Kommunikation thematisieren, oder Spiele denen eine Simulationen von Länder- oder Staatsregierungen zugrunde liegt. Aber auch jede andere technische, wirtschaftliche, politische oder soziale Lebenswelt kann simuliert werden. Allen Arten von Planspielen ist dabei gemeinsam, dass diese Simulation komplexe Prozesse betrifft, bei deren Bewältigung die Spieler Probleme lösen, Entscheidungen treffen und interagieren müssen.

Regeln

Die zweite wichtige Dimension eines Planspiels ist die Regel. Die Mitspieler eines Planspiels unterliegen immer einem System von spezifischen Regeln. Die Spielregeln legen fest, welche Handlungen zulässig sind und welche nicht, und welche Konsequenzen sich aus Übertretungen ergeben. Und erst die Kombination von Regel und Simulation ergibt ein Planspiel im Gegensatz zum reinen „Spiel eines Spiels“, wie zum Beispiel „Mensch ärgere dich nicht“ oder einem Fußballspiel, die zwar Regeln enthalten, aber keine Simulation der Realität.

Rolle

Die beiden oben genannten Dimensionen Simulation und Regel werden in der Literatur übereinstimmend als die wichtigsten genannt. Aber eine weitere wesentliche Größe zur Beschreibung eines Planspiels ist die Rolle. Durch die Übernahme einer Rolle entstehen Erwartungen unterschiedlichster Art an den Rolleninhaber. Bei einem Planspiel übernehmen die Teilnehmer Rollen, die explizit definiert und vorgegeben sein können oder sich aus der Dynamik des Spiels entwickeln. Je größer das Missverhältnis zwischen den Bedürfnissen eines Spielers und der an ihn gerichteten Rollenerwartung ist, desto schwieriger wird es für ihn sein, diese Rolle auszufüllen.

4. Der Ablauf eines Planspiels

Ein klassisches Planspiel durchläuft drei Phasen: Briefing, Spielphase und Debriefing.

Briefing

Beim Briefing werden die Spieler vom Spielleiter mit der Rahmenhandlung, ihren Rollen und den Spielregeln vertraut gemacht. Entweder sie werden mündlich instruiert oder sie erhalten schriftliche Spielanweisungen, oft auch beides. Und sie werden über die wichtigsten Rahmenbedingungen des Planspiels informiert.

Spielphase

Nachdem die Spielanleitungen gehört, beziehungsweise gelesen wurden, beginnt die eigentliche Spielphase. Die Spieler nehmen ihre jeweiligen Rollen an und handeln gemäß den vorgegebenen Spielregeln. Währenddessen sollte sich der Spielleiter so weit wie möglich im Hintergrund halten und den Prozess beobachtend begleiten. Die Spielphase endet nach dem Ablauf einer vereinbarten Zeitspanne oder nach dem Erreichen bestimmter vorgegebener Spielziele.

Debriefing

Nach dem Ende der Spielphase beginnt die wohl wichtigste Phase des Planspiels, das so genannte Debriefing. Es findet meist in Form einer strukturierten Nachbesprechung statt und wird in der Regel vom Spielleiter moderiert. Diese Reflexionsphase dient dem Transfer des im Spiel Erlernten auf die reale Lebensumwelt der Teilnehmer. Gedanken, Gefühle, Handlungen und Kommunikationsprozesse, die während des Spiels stattfanden, werden bewertet und mit realen Lebenssituationen verglichen. Die Gruppe reflektiert das vorangegangene Spielgeschehen und erarbeitet selbst Verbesserungs-vorschläge. Gleichzeitig bietet sich den Spielern so die Gelegenheit, die eigenen sozialen Fähigkeiten in einem geschützten Rahmen zu üben. Ein Planspiel ohne Debriefing gilt als uneffektiv.

Die folgenden sechs Phasen stellen ein einfaches, doch wirkungsvolles Modell für ein Debriefing dar.

Phase 1: „Wie hast du dich gefühlt?“

In dieser ersten Phase erhalten die Teilnehmer die Gelegenheit, ihre Gefühle auszudrücken und Spannungen abzubauen. Gerade das Aussprechen von negativen Gefühlen, wie Ärger, Unzufriedenheit oder Groll ist hilfreich, um von der Rolle wieder Abstand zu gewinnen und um sich auf die weiteren Lernschritte konzentrieren zu können. Es kann gleichzeitig auch eine wichtige Erfahrung für die Spieler sein, zu erleben, dass andere Teilnehmer in denselben Situationen oft völlig anders wahrnehmen und fühlen.

Phase 2: „Was ist geschehen?“

Es geht hier zum einen auf der Sachebene darum, wie Entscheidungen getroffen wurden und wie erfolgreich die gewählten Lösungsstrategien waren. Zum anderen aber auch um die Frage, wie die damit verbundenen gruppendynamischen Prozesse abliefen. In dieser Phase kann der Spielleiter auch Fragen bezüglich der Lernziele des Spiels einbringen.

Phase 3: „Was hast du gelernt?“

Jeder Teilnehmer soll hier Gelegenheit erhalten, seine eigenen Erkenntnisse mitzuteilen und Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Er sollte angeregt werden, alte Annahmen und Überzeugungen zu überdenken und durch neue Erfahrungen zu erweitern.

Phase 4: „Wie hängen Spiel und Realität zusammen?“

Bei der Frage nach dem Zusammenhang zwischen Spiel und Realität geht es in erster Linie darum, den Transfer des im Spiel Gelernten auf reale Lebenssituationen herzustellen. Es stellt sich zum einen die Frage, inwieweit ähnliche Probleme in der Realität als Team gelöst werden könnten, zum anderen können immer wiederkehrende uneffektive Verhaltensweisen von Einzelnen in bestimmten Situationen thematisiert werden.

Phase 5: „Was wäre gewesen, wenn...?“

Es werden hypothetische Szenarien diskutiert und deren Konsequenzen auf den Ablauf des Spiels und die Handlungsmuster der Spieler.

Phase 6: „Wie geht es nun weiter?“

Hier geht es darum, Konsequenzen für den zukünftigen Umgang mit einem komplexen Sachverhalt, für weitere gemeinsame Teamarbeit, aber auch für die eigene reale Lebenswelt zu entwickeln.

Projektmethode

Grundgedanke der Projektmethode ist es nach verbreitetem Verständnis, eine offene, konkrete (physische) Arbeitsaufgabe, die aus einem realen Problem oder einer aktuellen Fragestellung entwickelt wird, von einer Gruppe in einem zeitlich festgelegten Rahmen selbständig und arbeitsteilig erfüllen zu lassen. Wichtig ist, dass am Ende jedes Projekt ein reales Produkt hervorbringt. Die Orientierung an den Erfahrungen und Interessen,an den Bedürfnissen und individuellen Besonderheiten der Lernenden, die Beteiligung aller Projektmitglieder von der Formulierung der Projektaufgabe an bis zur Auswertung der Ergebnisse, fördert die Motivation und Betroffenheit bei den Beteiligten und macht diese für den Lernprozess produktiv. Zentrales Merkmal des Projektlernens ist das praktische Tun in Form einer zielgerichteten, zeitlich begrenzten Aktion, die nicht auf ein einzelnes Unterrichts- oder Ausbildungsfach beschränkt ist.

Während des Ablaufs des Projekts werden in den verschiedenen Phasen jeweils unterschiedliche Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse der Teilnehmer angesprochen und ihre Weiterentwicklung gefördert. Die Verbindung von Lernen und Handeln im Gesamtzusammenhang einer fachübergreifend gestellten Aufgabe zielt neben dem Erwerb von Fachkompetenzen vor allem auch auf die Ausbildung von berufsübergreifenden Sozialund Handlungskompetenzen. Durch die Aufhebung der Trennung zwischen Hand- und Kopfarbeit in fächerübergreifenden Projektaufgaben wird die Erweiterung von sowohl berufs- als auch allgemeinbildenden Qualifikationen angestrebt.

1. Prinzipien und Ziele der Projektmethode

Der Projektmethode liegen drei verschiedene didaktische Prinzipien zugrunde: Erfahrungsorientierung, Situationsorientierung und Teamorientierung. Anknüpfend an die Erfahrungen der Auszubildenden wird eine Projektaufgabe entwickelt, um durch die Realisierung des Projekts neue Erfahrungen zu ermöglichen, diese zu reflektieren und zu verarbeiten und damit die Grundlagen für neue Handlungskompetenzen zu schaffen. In der Projektarbeit werden die Auszubildenden mit praxisüblichen (Teil-) Aufgabenstellungen und realen Problemen konfrontiert, die in selbstgesteuerten Lernprozessen durch aktive Mitbestimmung der Organisation, des Ablaufs und der Kontrolle des Projektgeschehens eigenverantwortlich gelöst werden. Aktives, experimentelles statt passiv-rezeptives Lernen mit dem Ziel des Erwerbs beruflicher Handlungskompetenz begründen die didaktischen Entscheidungen.

Lernstoffmenge und Tempo der Vermittlung werden nicht am Durchschnitt orientiert für alle Auszubildenden gleichermaßen vorgegeben, sondern die bedürfnisorientierte, individuelle Gestaltung und Einteilung der Projektzeit – abhängig von Lern- und Leistungsvoraussetzungen, Motivation und Lernfortschritten – wird ermöglicht. Die fachübergreifende Aufgabenstellung und die Verbindung von Denken und Handeln erleichtert den Transfer von (Fach-) Theorie und (Fach-)Praxis und umgekehrt.

Durch verschiedene Formen der Selbstkontrolle während des gesamten Projektverlaufs, z.B. Feedbackschleifen (d.h. Diskussion und Überprüfung der Teilergebnisse nach jeder Aktivität) werden die Auszubildenden zur kontinuierlichen Reflexion ihres Handelns angeleitet.

2. Lern- und Ausbildungsziele auf drei Ebenen

Jeder Lehr-Lernprozess findet unter bestimmten Rahmenbedingungen auf drei Ebenen statt. Auf jeder der Ebenen werden verschiedene Lern- bzw. Ausbildungsziele verfolgt und gefördert.

Inhaltsebene

Auf der Inhaltsebene wird anhand des zu bearbeitenden Projektthemas und den dafür notwendigen Entscheidungen, Informationen, Rahmenbedingungen etc. gelernt. Nicht nur der unmittelbare Fachinhalt des Projekts ist inhaltliches Ziel der Projektarbeit, sondern auch die damit verbundenen vielfältigen Teilaufgaben, wie z.B. Organisations- und Zeitplanung, Gesprächsführung mit Vorgesetzten etc. Die verschiedenen Sach- und Fachaspekte werden durch praktisches Handeln erfahren und eingeübt und in der Auswertungsphase theoretisch reflektiert und abstrahiert.

Gruppenebene

Ein Großteil der Projektarbeit findet in (Klein-)Gruppen statt. Ausbildungsziele auf der Gruppenebene sind dabei die Vermittlung bzw. der Erwerb sozialer Kompetenzen durch das Erlernen von Teamarbeit mit allen damit verbundenen Unterzielen, wie z.B. Konflikt- und Kompromissfähigkeit, Kooperationsbereitschaft, Kommunikations- und Interaktionsfähigkeit.

Subjektebene

Auf der Subjektebene werden Erfahrungen mit eigenen Befindlichkeiten (z.B. Angst, Unsicherheit, Mut) in außergewöhnlichen, aber realen Situationen, Selbstwahrnehmung und ihre Reflexion gefördert. Das selbständige Arbeiten in und mit der Gruppe, die Erfahrungen und Erlebnisse bei der Lösung verschiedener Probleme sind zentrale Faktoren zur Bildung von Selbstvertrauen. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Feedbackschleifen zur Selbstkontrolle, in welchen dem Teilnehmer selbst bewusst wird, wo seine Stärken und Schwächen liegen und diese nicht nur von Außenstehenden bemerkt und kritisiert werden.

3. Phasen des projektorientierten Lernens

Zielsetzung/Aufgabenstellung

Die Zielsetzung oder auch Aufgabenstellung des Projektes soll, anknüpfend an die Erfahrungen der Lernenden, gemeinsam mit allen Beteiligten entwickelt werden, um so eine möglichst hohe Betroffenheit und Motivation für die Realisierung des Projektes zu erreichen. Grundsätzlich lassen sich zu allen realen Problemen oder Fragestellungen Projektinitiativen entwickeln, wobei das Ziel oder die Aufgabe eines Projektes durch den Realitätsbezug gekennzeichnet ist. Daher eignet sich weder ein Modell noch ein simuliertes Problem für ein Projekt.

Der Ausbilder hat im Vorfeld der Projektarbeit die Aufgabe, die Auszubildenden mit der Projektmethode vertraut zu machen und gemeinsam mit ihnen geeignete Projektthemen zu erarbeiten. Da Auszubildende meist wenig Erfahrung mit Teamarbeit haben, muss der Ausbilder sie auch dazu anleiten.

Planungsphase

Informationssammlung, Analyse, Strukturierung des methodischen Vorgehens, Entscheidungen zwischen alternativen Lösungswegen und die Aufgabenteilung innerhalb der Gruppe kennzeichnen die Planungsphase. Die Planung der Vorgehensweise in einem Projekt ist notwendig, garantiert jedoch nicht immer auch deren Realisierung. Insofern kann die Planungsphase während des gesamten Projektverlaufs nicht abgeschlossen werden, sondern muss für Modifikationen und Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen parallel zur Umsetzung der Ideen offen gelassen werden.

Wesentlich für Projektlernen ist der in der Gruppe stattfindende soziale Aushandlungsprozess, in dem sich sowohl während der Planung als auch in der Ausführung des Projektes die Teilnehmer auf gewisse Umgangsformen miteinander einigen („Spielregeln“) und versuchen, auftretende Spannungen und Konflikte zu lösen, um das verfolgte Ziel zu erreichen.

Der Ausbilder hat in dieser Phase die Aufgabe, die von den Gruppen gesteckten Projektziele mit den Auszubildenden zu diskutieren, um Frustrationen bei Nichterreichen von unrealistisch hoch gesteckten Zielen zu vermeiden.

 Projektausführung

Experimentelles und forschendes Handeln zur Ausführung der Aufgabe und schrittweisen Lösung der Probleme auf Grundlage der Planung stehen in der Phase der Projektausführung im Vordergrund. Kreatives, selbständiges und verantwortliches Handeln wird eingeübt und reflektiert.

Dazu werden Zwischenergebnisse mit den Planvorstellungen verglichen und Korrekturen an der Planung und an der Ausführung vorgenommen. Diese Feedbackschleifen zur Überprüfung der Zwischenergebnisse, die während der gesamten Ausführungsphase wiederholt werden, dienen der Selbstkontrolle und -bewertung durch den Einzelnen und die Gruppe.

Durch die Einbindung des Handelns der Projektgruppe in die reale Umwelt (z.B. betrieblicher Alltag) werden Außenkontakte geknüpft, Ernstsituationen erlebt und Unterstützung oder auch Behinderung der Arbeit durch Kollegen und unveränderbare Rahmenbedingungen etc. erfahren. Der Ausbilder steht den Auszubildenden zur Beratung und evtl. Unterstützung zur Verfügung, greift jedoch nicht auf eigene Initiative in den Projektablauf ein, sondern wartet bis er angefordert wird.

Nachbereitung

Nach Abschluss der Projektaufgabe erfolgt die Nachbereitung, in der sowohl die Arbeitsergebnisse als auch die Lernprozesse, Erlebnisse und Erfahrungen gemeinsam mit dem Ausbilder in der Gruppe ausgewertet und beurteilt werden. Alternative Handlungsmöglichkeiten, Fehler und Erfolge werden diskutiert.

Die Rolle des Ausbilders ist hier nicht die des fachkompetenten „Lehrers“, sondern die des Beraters und Unterstützers in einem Selbstlernprozess. Mit einiger Distanz zur Aktionsphase werden die neu erworbenenfachlichen und überfachliche Erkenntnisse und Erfahrungen nochmals aufgegriffen, in theoretischer Form vertieft und generalisiert.

Zusammenfassung der Phasen der Projektmethode

• Zielsetzung:     - Gemeinsame Entwicklung einer Projektaufgaben-Stellung.

                           - Durch aktive Mitbestimmung bei der Auswahl eines Problems
                            oder einer realen Aufgabe Interesse und Betroffenheit bei allen
                            Teilnehmern wecken.

• Planung:           - Selbständiger Planungsprozess und Aufgabenverteilung
                             zwischen den Kleingruppen.

                           - Förderung der Fähigkeit, eigenverantwortlich das inhaltliche
                             und methodische Vorgehen zu planen und die Aufgaben zu
                             verteilen.

• Durchführung:   - Ausführung der Aufgaben in Kleingruppen und Überprüfung
                             der Zwischenergebnisse.

                            - Ermöglichung von selbständigem, kreativem, verantwortlichem
                              Handeln in der Realität.Förderung von Teamfähigkeit.

• Auswertung:       - Gemeinsame Überprüfung Diskussion und Beurteilung
                              Der Projektergebnisse.Theoretische Vertiefung der
                              Ergebnisse.

                            - Auswertung der Lernerfahrungen. Zusammenhänge von
                             Theorie und Praxis bewusst machen und Anknüpfungspunkte
                             für weitere Lerninhalte verdeutlichen.


 

 

Gepr. Berufspädagoge, Aus- u. Weiterbildungspädagoge, Ausbildung der Ausbilder IHK