Gesprächssimulation

1. Bestimmung

Die Gesprächssimulation stellt eine diskursorientierte Prüfungsmethode dar, bei der Prüfer und Prüfungsteilnehmer in einem Dialog stehen. Als eine relativ realitätsnahe Methode ermöglicht die Gesprächssimulation die Beobachtung eines Prüfungsteilnehmers in einer echten beruflichen Situation. Der Prüfer übernimmt dabei die Rolle eines fiktiven Gesprächspartners, dem innerhalb der beruflichen Wirklichkeit des Prüfungsteilnehmers eine zentrale Bedeutung zukommt. Hierbei kann es sich um einen Mitarbeiter, einen Kunden oder eine andere für das berufliche Tätigsein des Prüfungsteilnehmers relevante Person handeln. Demgegenüber tritt der Prüfungsteilnehmer in seiner gewohnten beruflichen Funktion auf und versucht möglichst wirklichkeitsnah das gelernte Kommunikationshandeln einzusetzen. Neben dem „rollenspielenden“ Prüfer und dem Prüfungsteilnehmer nehmen weitere Prüfer als stille Beobachter an der Gesprächssimulation teil, um den Gesprächsverlauf zu protokollieren, zu dokumentieren und zu bewerten.

Kennzeichnend für die Gesprächssimulation ist, dass dabei sowohl nachahmende als auch gestaltende Handlungen vollzogen werden. So wird einerseits eine vorgegebene Berufsrealität rekonstruiert, typische Problemsituationen und Personen- und Konfliktsituationen nachgespielt, andererseits aber auch eine neue Wirklichkeit geschaffen. Die Gesprächssimulation stellt in diesem Sinne ein nicht vorhersehbarer dynamischer Handlungsverlauf dar, der vom Prüfungsteilnehmer den Einsatz spontaner und kreativer Handlungsstrategien verlangt. Die Gesprächssimulation ist somit ein realer und authentischer Kommunikationsprozess, der eine subjektive Interpretation der übernommenen Handlungsmuster und die Ausgestaltung der konkreten Situation umfasst. Bei der Gesprächssimulation geht es deshalb auch nicht nur um die Anwendung fachlichen Wissens in einem vorgegebenen Kontext, sondern um eine Verstehensleistung, die sich auf einen konkreten individuellen Gesprächspartner bezieht.

                               Dialogisches Prinzip/ Berufliche Realität

PRÜFUNGSTEILNEHMER                               PRÜFER
in seiner beruflichen Funktion                           in seiner gewählte Rolle
                                                                         (z.B.als Kunde)

WEITERE PRÜFER
als Beobachter: protokollieren, dokumentieren, bewerten

Dementsprechend sind neben der fachlichen Richtigkeit auch kommunikative Kompetenzen wie Kundenorientierung, Auftreten und sprachlicher Ausdruck Gegenstand der Prüfung. Bei der Bewertung ist jedoch darauf zu achten, dass Aspekte wie Sympathie oder ähnliche vom „subjektiven“ Empfinden des Prüfers abhängige Eigenschaften nicht zu stark in die Bewertung einfließen. Es empfiehlt sich deshalb, klare Kriterien und entsprechende Beobachtungsmerkmale festzulegen, nach denen bewertet wird. Als Prüfungsmethode eignen sich Gesprächssimulationen insbesondere für Berufe, die durch ein hohes Maß an Kommunikation geprägt sind und das Vorhandensein sozialer Kompetenzen verlangen. Dies sind z.B. kaufmännische Berufe und Dienstleistungsberufe, bei denen Kunden oder Klienten zu beraten, zu betreuen oder zu überzeugen sind.

2. Die Gestaltung der Gesprächssimulation

Bei der Durchführung einer Gesprächssimulation als Prüfungsmethode sollte vor allem darauf geachtet werden, dass das Gespräch ergebnisoffen verläuft. In diesem Sinne darf das Gespräch nicht auf ein bestimmtes Ziel hinsteuern, sondern muss mehrere alternative Lösungen zulassen. Der Prüfer sollte keinen bestimmten Gesprächsverlauf erwarten, sondern stattdessen dem Prüfungsteilnehmer genügend Raum zur Entwicklung eigener und spontaner Gesprächsgestaltungsmöglichkeiten geben. Insbesondere sollte die Gesprächssituation so aufgebaut sein, dass der Prüfungsteilnehmer auf sein berufliches Tätigsein bezogene Handlungskompetenzen zeigen kann. Hierbei stehen insbesondere auch soziale Kompetenzen im Fokus. Wichtig ist des Weiteren, dass der Prüfer konsequent in seiner simulierten Rolle bleibt und nicht intervenierend oder gar belehrend in den Gesprächsverlauf eingreift. So sollte der Prüfer nicht mehr wissen als typischerweise die von ihm gespielte Person wissen kann. Als Kunde kennt er z.B. nicht alle Produkte und ist über den Produktionsweg eher weniger informiert. Konsequenterweise sollte auch das gezeigte nonverbale Verhalten (z.B. Gestik und Mimik) der eingenommenen Rolle entsprechen und eine gegebenenfalls notwendige Steuerung – wenn z.B. das Gespräch in eine falsche Richtung zu laufen droht – muss innerhalb der gewählten Rolle vorgenommen werden.

Generell ist es wichtig, dass bei Prüfungen eine angenehme Gesprächsatmosphäre herrscht, um dem Prüfungsteilnehmer Prüfungsängste zu nehmen und ihm damit das Lösen der Prüfungsaufgaben zu erleichtern. Entsprechend sollte sich der Prüfer bei der Gesprächssimulation in seiner Rolle aufgeschlossen und interessiert verhalten und z.B. keinen aggressiven oder zu kritischen Gesprächspartner spielen.

Gestaltung der Gesprächssimulation

1. Der Prüfer zeigt sich in seiner Rolle aufgeschlossen und interessiert
2. Prüfer darf nur Alltagswissen zeigen und keine Wissensfragen stellen
3. Der Prüfungsteilnehmer sollte Handlungskompetenz zeigen können
4. Der Prüfungsteilnehmer sollte Raum für Spontaneität und Initiative gegeben werden
5. Der Prüfungsteilnehmer führt das Gespräch
6. Das Gespräch sollte ergebnisoffen sein
7. Der Prüfer sollte keinen bestimmten Gesprächsverlauf erwarten
8. Das nonverbale Verhalten muss der simulierten Rolle entsprechen
9. Lenkung und Hilfestellungen dürfen nur aus der simulierten Rolle heraus erfolgen


 

 

Gepr. Berufspädagoge, Aus- u. Weiterbildungspädagoge, Ausbildung der Ausbilder IHK